Grazer Zentrum für Psychologie und Psychotherapie
Mission Statement
Das in Aufbau befindliche Grazer Zentrum für Psychologie und Psychotherapie soll zukünftig das Engagement der Universität Graz zur gesellschaftlichen Verantwortung verkörpern, indem psychologisches und psychotherapeutisches Wissen und einschlägige Angebote für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und gleichzeitig eine Drehscheibe für kollaborative, zukunftsweisende Forschung kreiert wird. Tiefgreifende gesellschaftliche, umweltbezogene und technologische Veränderungen stellen Menschen vor völlig neue Herausforderungen und erfordern ständige Anpassungsleistungen. Psychologisches Know-how für zentrale Fragen des gesellschaftlichen Wandels sowie für Fragen der individuellen Entwicklung und Gesunderhaltung ist gefragter denn je.
Das Zentrum ist als Anlaufstelle für Kernbereiche der psychologischen und psychotherapeutischen Anwendung geplant. Diese Anwendungen basieren auf der aktuellen Forschung des Instituts für Psychologie und werden gleichzeitig im Rahmen von Begleitforschung evaluiert und laufend weiterentwickelt. Modernste behaviorale, neurowissenschaftliche, sowie digitale und KI-basierte Methoden werden laufend weiterentwickelt und integriert.
Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt durch Expert*innen und Studierende unter Supervision (z.B. im Rahmen von anwendungsorientierten LVen und Praktika). Studierende erhalten somit einen differenzierten Einblick in diverse psychologische und psychotherapeutische Tätigkeitsbereiche und sind frühzeitig in laufende Forschung eingebunden.
Das Zentrum wird zukünftig innovative Möglichkeiten bieten, zeitgemäße wissenschaftlich fundierte Diagnose-, Trainings- und Interventionsansätze im Rahmen von Forschungsprojekten der Öffentlichkeit (Einzelpersonen, Schulen, Betriebe, usw.) zugänglich zu machen. Der modulare Aufbau des Zentrums ermöglicht eine flexible Anpassung der Angebote an die laufende Forschung des Instituts.
Beispiele für Aktivitäten, die in das Grazer Zentrum für Psychologie und Psychotherapie integriert werden sollen und teilweise in kleinem Rahmen bereits angeboten werden (Die konkrete Umsetzung der Maßnahmen soll weitgehend durch Studierende im Rahmen von Praktika und LVen unter Supervision erfolgen):
Klinisch-psychologische/ Psychotherapeutische Ambulanz (KPA) – eine Forschungs-, Lehr- und Praxisambulanz
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Klinisch-psychologische Lehr- und Forschungsambulanz: spezialisierte Ambulanz für Diagnostik und Intervention im Rahmen ausgewählter Forschungsprojekte.
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Anlaufstelle für Studierende der KFU, die sich in einer Krisensituation befinden
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Psychoedukation für ausgewählte Störungsbilder
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Lehrambulanz: Spezialseminare und Plätze für Pflichtpraktikum
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Postgraduale Ausbildung: Interuniversitärer Universitätskurs Klinische Psychologie am Uni for Life (berufsbegleitend, anerkannt durch Gesundheitsministerium - einzige öffentliche Universität, die diese Ausbildung anbietet!)
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„Grazer Modell“: Doktoratsstudium parallel zur Ausbildung zum Klinischen Psychologen/zur Klinischen Psychologin (Praxisstunden können im Rahmen der PsyAmb absolviert werden)
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Neu: Finanzierung klinisch-psychologischer Diagnostik und Behandlung durch Krankenkassen ist grundsätzlich möglich (Kassenvertrag: Wahlpsychologin). Dies eröffnet die Option, dass die Ausbildungskandidatinnen im Universitätskurs Klinische Psychologie vermehrt Praxisstunden in der Ambulanz absolvieren
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Zukünftig aufzubauen: Psychotherapeutische Ambulanz + Masterstudium Psychotherapie
HealthLab/Kompetenzzentrum für Gesundheitsförderung und Organisationsentwicklung
Wir entwickeln und evaluieren zukunftsweisende Ansätze zur Förderung von Gesundheit, Wohlbefinden, Arbeits- und Leistungsfähigkeit. Gezielte Begleitforschung ermöglicht ein differenziertes Verständnis der vielfältigen Auswirkungen dieser Interventionen auf physiologische und psychologische Indikatoren von Gesundheit, und insbesondere auch auf Gehirnfunktionen und somit auf unser Denken und Fühlen.
Im Rahmen einer NeuroTec-Schiene entwickeln und evaluieren wir HiTech-Ansätze zu Aufrechterhaltung und Rehabilitation kognitiver Funktionen. Wir untersuchen, wie KI in der psychologischen Intervention effizient eingesetzt werden kann, z.B. wie virtuelle Agenten im therapeutischen Kontext wirken.
Beispiele für aktuelle (und zukünftig mögliche) projektbezogene Aktivitäten:
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Entwicklung und Evaluierung von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung
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VR-gestützte Intervention (z.B. Navigationstraining bei Problemen mit Raumorientierung, virtuelles Achtsamkeitstraining bei Demenz, Aufmerksamkeitslenkung bei funktionalem Tremor)
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Brain-Computer Interfaces - Neurofeedback für z.B. kognitives Training, Entspannung, Bedarf an Behandlung nach Traumata (Geflüchtete Personen, sprachfreie Intervention, Gesundheitsdrehscheibe Graz) à Neurofeedback (UA Feedback)
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Bewegungsinterventionen mit positiven Auswirkungen auf Gehirnfunktionen bei gesunden und mental erkrankten Personen (z.B. Ausdaueraktivitäten wie Laufen aber auch visuomotorische/ multisensorische Aktivitäten wie Tanzen, Einradfahren oder Slacklining)
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Interventionen zur Aufnahme gesundheitsförderlichen Verhaltens (z.B. Ernährung, körperliche Aktivität, Stressbewältigung/ Entspannung, Schlafoptimierung, soziale Einbettung) mittels motivierender Gesprächsführung, volitionaler Handlungsplanungen und Feedbacksystemen.
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Interventionen zur Reduktion von Substanzmittelmissbrauch (Rauchen, Alkohol, Drogen).
LearnLab für Lernen und Talententwicklung
Das LearnLab widmet sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Unterstützung von Lernprozessen und der Umsetzung von persönlichen Potentialen in unterschiedlichen Altersgruppen. Wir greifen aktuelle digitale und gesellschaftliche Veränderungen auf und entwickeln zukunftsfähige Unterstützung für schulische, universitäre, berufliche und persönliche Lern- und Bildungsprozesse.
Beispiele für aktuelle (und zukünftig mögliche) Aktivitäten:
- Aufnahmeverfahren und Talentcenters
- Aufnahmeverfahren Humanmedizin & Zahnmedizin MedAT
- Lehramtsstudierenden-Auswahl
- Lehrer:innenauswahl (Quereinstieg – „Klasse Job“)
- Elementarpädagog:innen-Auswahl (Lehrgang Elementar+)
- Talentcenters zur Beratung von Jugendlichen
- Karriere- bzw. Laufbahnberatung auf Basis moderner Begabungs-, Persönlichkeits- und Interessendiagnostik, speziell auch für berufliche Neu-/Umorientierung
- Erstellung allgemein verständlich formulierter wissenschaftlicher Expertisen zu Neurokognition und Lernen und publikumsgerechte Aufbereitung auf einer Website. Die praxisnahe Aufbereitung von Forschungsbefunden unterstützt relevante Stakeholder (z.B. pädagogisches Fachpersonal, Bildungseinrichtungen, politische Entscheidungsträger sowie die interessierte Öffentlichkeit), bei evidenzbasierten Entscheidungen. Damit verbunden ist ein eigenes didaktisches Konzept für Master- und Doktoratsstudierende. Sie erwerben in spezifischen Lehrveranstaltungen Kompetenzen in der Recherche, systematischen Analyse, Synthese und Aufbereitung von Expertisen für ein breites Publikum (Science to Public). Angeleitet werden sie dabei von den Expertinnen und Experten des LearnLab. Die Qualitätssicherung wird durch ein Expert Board gewährleistet.
- Fortbildungen zu folgenden Themenbereichen:
- Begabungsförderung und Talententwicklung: Begabungs- und Begabtenförderung in der Schule, Gestaltung lernwirksamen Unterrichts, Mythen zu Begabungen und dem lernenden Gehirn, Entwicklung von Expertise/Leistungsexzellenz, neurowissenschaftliche Methoden zur Lernförderung (Neuroenhancement)
- Kreativität in Schule, Beruf und Alltag: Kreativität und Intelligenz, Kreativitätsmythen, neurokognitive Grundlagen des kreativen Denkens
- Eigenverantwortliches und motiviertes Lernen: Selbstgesteuertes Lernen, Bedeutung von Motivation und Emotionen für das Lernen (Lernfreude, Prüfungsangst), Erwerb von Kompetenzen
- Lernen mit digitalen Medien: Evidenzbasierte Empfehlungen für Video- und Lernspiele für den Kompetenzerwerb, Mediennutzung und kindliche Entwicklung
- Lernprozesse in MINT bei Schülerinnen und Schülern
- Lernen und Lernstörungen: Symptomatik, verursachende Faktoren und evidenzbasierte Förderansätze bei Schwierigkeiten in der Entwicklung des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens
- Digitale Video- und Lernspiele: evidenzbasierte Analysen von und Einsatzempfehlungen, die auf aktuellen psychologischen Theorien fußen. Über innovative, projektbasierte Lehrformate sollen Studierende aktiv in die Erweiterung und Aktualisierung eines öffentlich zugänglichen Repositoriums eingebunden werden.
- Diagnostik und Förderung bei Lernentwicklungsstörungen des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens (Dyslexie, Dyskalkulie). Förderprogramme können von Studierenden (Pflichtpraktikum oder geringfügige Beschäftigung) unter Anleitung durch eine(n) Experten/in durchgeführt werden.
RegulationLab für evidenzbasierte Empfehlungen im rechtwissenschaftlichen Umfeld
Menschliches Handeln, Denken und Fühlen steht im Mittelpunkt vieler aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen. So trägt beispielsweise menschliches Handeln maßgeblich zum Klimawandel bei, die Umsetzung der Energiewende fordert neuartige aktive Partizipation von Bürgerinnen und Bürger und die Digitalisierung verändert menschliche Entscheidungsprozesse und Handlungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen. Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es Regulierungsprozesse, welche eine zielgerichtete Anpassung des menschlichen Verhaltens steuern und erleichtern. Auf gesellschaftlicher Ebene findet eine solche Regulierung u.a. durch Gesetze statt. Gesetze haben häufig das Ziel, menschliches Verhalten zu steuern, Menschen vor unerwünschten Verhaltenskonsequenzen zu schützen oder individuelle und gesellschaftliche Interesse in Einklang zu bringen. Die an der Gesetzgebung und Rechtsprechung beteiligten Personen beziehen sich jedoch bisweilen auf unzutreffende, halbrichtige und bloß anekdotisch erhobene Vorstellungen vom tatsächlichen menschlichen Verhalten und Denken. In der Regel findet keine Überprüfung mit empirischen Daten statt. Im RegulationLab soll – im Austausch mit Kolleg:innen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät - die überwiegend regelbezogen betriebene Rechtsforschung mithilfe der empirisch-arbeitenden Psychologie „kontextualisiert“, d.h. mit der „Rechtsrealität“ verbunden werden, um Gesetze, Gesetzes-Anwendung und juristisches Denken qualitativ zu verbessern und Regulationsprozesse zu optimieren.
Beispiele für aktuelle (und zukünftig mögliche) Aktivitäten:
- Empirische Erfassung der Wahrnehmung und der Akzeptanz von Gesetzen, gerichtlichen Entscheidungen und Verwaltungshandeln.
- Erfassung regulatorischer Auswirkungen von Gesetzesänderungen und -einführungen durch empirische Erhebungen
- Aufarbeitung und Bewertung psychologischer Studien im Kontext rechtwissenschaftlicher Fragestellungen
- Ausarbeitung evidenzbasierter Empfehlungen für die Erstellung und Umsetzung gesetzlicher Regelungen
- Training von Psychologiestudierende im Aufgreifen rechtswissenschaftlicher Fragestellungen und deren Verknüpfung mit psychologischen Theorien und Modellen